Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Hier das Schema zur Prävention von Nahtinsuffizienzen:
Die Medikamente werden von unserem Apotheker Kloster Apotheke Tegernsee Herrn Schotte (Tel. 08022 3566) zubereitet.
Die Dosierung ist:
Tobramycin 80 mg,
Polymyxin B 100 mg,
Vancomycin 125 mg
dazu Amphomoronal 5 ml ( oder 500 mg) .
Die Verabreichung erfolgt 4 x tgl also alle 6 Stunden. Das Amphomoronal wird 30 Minuten nach den AB verabreicht. Beginn ist 18: 00 Uhr von Tage vor der OP (das ist sehr wichtig) bis zum 7. Post OP Tag.
Patienten mit Gastrektomie bzw . Ösophagusresektionen müssen die Antibiotika als Lösung per os einnehmen d.h. trinken also bitte nicht die Kapseln schlucken lassen, sondern den Inhalt in destilliertem Wasser auflösen.
Die Medikamente sollen den Weg bis zur Anastomose frei von potentiell pathogenen Erregern halten und Kontakt zur Anastomose bekommen, damit sie dort auch ihre Wirkung entfalten können.
Patienten mit Rektumkarzinomen nehmen die Medikamente als Kapsel per os im Anschluss an die Darmspülung ein. Wird ein protektives Stoma angelegt, plazieren wir im Anschluss an die Anastomosierung einen Urinkatheter transanal (ungeblockt!) und nähen ihn an. Anschließend werden die Antibiotika appliziert. Man kann sie, wie oben erwähnt, am besten in destilliertem Wasser auflösen. Der Katheter wird abgeklemmt. Nach 30 Minuten wird das Amphomoronal gegeben. Nach einer Stunde wird die Klemme entfernt und der der Katheter erneut auf Ablauf gestellt.
Seit den folgenden Publikationen:
Morris MS1, Graham LA, Chu DI, Cannon JA, Hawn MT. Oral Antibiotic Bowel Preparation Significantly Reduces Surgical Site Infection Rates and Readmission Rates in Elective Colorectal Surgery. Ann Surg. 2015 Jun;261(6):1034-40. doi: 10.1097/SLA.0000000000001125.
Althumairi AA , Canner JK, Timothy MHS ,Pawlik M Schneider E, Nagarajan N, Safar B, Efron JE ( 2016) Benefits of Bowel Preparation Beyond Surgical Site Infection. A Retrospective Study Ann Surg 264(6):1051-1057..
Kiran RP, Murray AC, Chiuzan C, Estrada D, Forde K (2015) Combined preoperative mechanical bowel preparation with oral antibiotics significantly reduces surgical site infection, anastomotic leak, and ileus after colorectal surgery. Ann Surg. 262(3):416-25; discussion 423-5. doi: 10.1097/SLA.0000000000001416.
Scarborough JE, Mantyh CR, Sun Z, Migaly J (2015) Combined Mechanical and Oral Antibiotic Bowel PreparationReduces Incisional Surgical Site Infection and Anastomotic Leak Rates After Elective Colorectal Resection: An Analysis of Colectomy-Targeted ACS NSQIP Ann Surg 262(2):331-7. doi: 10.1097/SLA.0000000000001041
werden alle Pat. mit geplanten Kolonresektionen wieder gespült und erhalten im Anschluss um 18:00, 24:00 und 6:00 Uhr präoperativ jeweils eine Dosis der Dekontamination.
Nach Absetzen der Medikamente macht es Sinn die Darmflora wieder aufbauen z.B. mit Mutaflor etc.
Mit den besten Grüßen,
Ihr HM Schardey
Endoluminale, nicht resorbierbare
Antibiotika zur Prophylaxe kolorektaler
Insuffizienzen
Es gibt eine Vielzahl experimenteller und klinischer Studien aus den vergangenen 60 Jahren, die auf die Rolle der Bakterien in der Pathogenese der Anastomoseninsuffizienz hinweisen und unter anderem demonstrieren, dass die Anastomoseninsuffizienz durch die Gabe von topischen, nicht resorbierbaren Antibiotika sogar in der Ischämie verhindert werden kann [26, 27]. Die Tatsache, dass diese Erkenntnis in der klinischen Praxis wenig Verbreitung fand, könnte damit zusammenhängen, dass die meisten Chirurgen davon überzeugt sind, dass die Anastomoseninsuffizienz durch eine mangelhafte chirurgische Technik verursacht wird, wie beispielsweise die Traumatisierung der Darmenden, Undichtigkeiten, eine schlechte Blutversorgung oder Spannung auf der Naht [26, 27]. Gegen diese rein mechanistische Hypothese [30] spricht, dass sogar die perfekt angelegte Anastomose bei einem jungen und ansonsten gesunden Patienten, der in einer hoch spezialisierten Abteilung mit großem Patientenaufkommen vom erfahrensten Chirurgen operiert wird, insuffizient werden kann [26, 27]. Leider werden immer noch viel zu viele perfekt angelegte Anastomosen insuffizient.
In Rahmen des komplexen multifaktoriellen Geschehens der Anastomosenheilung sind die intestinalen bakteriellen Mikroorganismen nicht nur in der Lage eine Anastomose zu zerstören, sondern sie bilden auch eine in vielerlei Hinsicht perioperativ einfach zu manipulierende Größe. Obwohl Poth als Pionier der intestinalen Asepsis gilt [15], waren es Cohn Jr. und Rives im Jahre 1955 [5], die als erste in einer tierexperimentellen Studie an Hunden die kombinierte Herausforderung von Ischämie und Darmnaht im Hinblick auf die Anastomosenheilung untersuchten. Sie konnten zeigten, dass Anastomoseninsuffizienzen sogar bei schwerster Ischämie verhindern werden können, wenn während der Heilung Tetrazyklin (Achromycin) lokal im Bereich der Anastomosen in das Darmlumen appliziert wird. In Gegensatz dazu verstarben in der mit Kochsalz behandelten Kontrollgruppe alle Tiere infolge einer Nahtinsuffizienz an Peritonitis. Die Untersucher kommentierten, dass selbst bei schwerer Ischämie, durch die Verabreichung topischer Antibiotika in das Darmlumen bessere Ergebnisse in der Dickdarmchirurgie erreicht werden können. Dreißig Jahre später bestätigten Cohen und Mitarbeiter [4] diese Ergebnisse im Tierversuch an der Ratte. Darüber hinaus zeigten Sie auch, dass systemische Antibiotika keinen schützenden Einfluss auf die Anastomosenheilung haben. Die Studien von LeVeen und Mitarbeitern ergänzten diese Beobachtungen. Sie demonstrierten, dass zusätzlich zur Darmreinigung ein breites antimikrobielles Spektrum der eingesetzten topischen Antibiotika mit Abdeckung des gramnegativen und grampositiven Bereichs sowie die fortgesetzte Verabreichung der Substanzen weit in die postoperative Phase hinein die Heilung von Darmanastomosen im Hundemodell signifikant verbessern können [11].
Wir untersuchten als erste die protektive Wirkung der lokalen antimikrobiellen Prophylaxe auf die Anastomosenheilung nach Eingriffen am oberen Intestinaltrakt und zeigten, dass P. aeruginosa eine ursächliche Rolle bei der Entstehung der Anastomoseninsuffizienz spielen kann [20]. Nach totaler Gastrektomie wurden die Anastomosen von Ratten am ersten postoperativen Tag durch die orale Inokulation mit P. aeruginosa kontaminiert. Die Kontamination verursachte einen signifikant niedrigeren Berstungsdruck als bei den anderen Gruppen und eine Insuffizienzrate von 95 Prozent. Neben einer Kontrollgruppe wurde eine Behandlungsgruppe vom siebten Tag vor der OP bis zum zehnten postoperativen Tag mit den nicht resorbierbaren Antibiotika Polymyxin B, Tobramycin und Vancomycin gelöst in Trinkwasser dekontaminiert. Diese Dekontamination reduzierte die obere intestinale Keimbesiedlung und verhinderte – bis auf einen kleinen mikroskopisch erkennbaren Defekt – hochsignifikant gegenüber den anderen Gruppen alle Nahtinsuffizienzen. Entscheidend für diese starke Wirksamkeit war der Beginn der Prophylaxe bereits vor dem operativen Eingriff.
Zusammenfassend sprechen die Versuchsergebnisse für eine bakterielle Genese der Nahtinsuffizienz. Sie zeigen, dass durch bakterielle Kontamination von Anastomosen die Nahtinsuffizienzrate gesteigert und durch die Verabreichung topischer Antibiotika gesenkt werden kann. Zudem weisen gnotobiotische, also von Geburt an keimfreie Tiere, eine hochsignifikant geringere Insuffizienzrate als herkömmliche Kontrolltiere auf [21] (Tabelle 1). In präventiver Absicht eingesetzte topische Antibiotika sollten das grampositive und gramnegative Spektrum abdecken und im Anschluss an die Darmreinigung von einem Zeitpunkt vor der OP bis weit in den postoperativen Zeitraum hinein verabreicht werden.
Tabelle 1 Tierexperimentelle Studien zur Untersuchung des Einflusses von Ischämie, Bakterien, systemischen und topischen Antibiotika auf die Anastomosenheilung
Abkürzungen: SA: Systemische Antibiotika, TA: Topische Antibiotika, HF: Herausforderung, AI: Anastomoseninsuffizienz, ZK: Zugkraft
Diese bakterielle Genese der Nahtinsuffizienz ist in den letzten Jahren klarer herausgearbeitet worden. Die Arbeitsgruppegruppe um den Chirurgen Alverdy aus Chicago hat einige der molekularen Mechanismen aufgedeckt, mit denen intestinale Bakterien Anastomoseninsuffizienzen verursachen können. Das Aufbringen von potentiell pathogenen Bakterien, wie etwa P. aeruginosa, an chirurgisch durchtrenntes und anastomosiertes Darmgewebe führt beispielsweise zur Selektion eines virulenteren Phänotyps, der durch die Punktmutation einer einzelnen Base entsteht. Dieser Phänotyp zeichnet sich durch eine hohe Kollagenaseaktivität gegen Kollagen Typ I und Typ IV aus, die mit der Entstehung einer Anastomoseninsuffizienz einhergeht [14]. Offensichtlich ist die chirurgische Manipulation des Schneidens und Wiedervereinigens von Darmgewebe der Auslöser für diese komplexe Reaktion. Sie führte in einem anderen Versuch außerdem zu signifikanten Veränderungen der gewebeassoziierten Mikroorganismen im Niveau der Darmschleimhaut [28]. Der auffälligste Unterschied im Tierversuch war ein 500- bzw. 200-facher Anstieg der relativen Häufigkeit von Enterococcus und Escherichia/Shigella. Die funktionelle Profilanalyse der Mikroorganismen auf den post-anastomotischen Geweben zeigte einen dramatischen Wechsel hin zu Enzymen, die mit einer bakteriellen Virulenz assoziiert sind und die Anastomosenheilung komplizieren können [28].
Schließlich konnten E.-faecalis-Stämme identifiziert werden, die mit einem erhöhtem Kollagenabbau und der Fähigkeit zur Aktivierung der intestinalen gewebeständigen Matrix Metalloproteinase 9 (MMP9) zur Pathogenese der Anastomoseninsuffizienz beitragen [29] – ein Effekt, der durch Devaskularisation noch weiter verstärkt wird [29]. Die Daten zeigen, dass die MMP9-Expression in Geweben, die sowohl der Anastomosierung als auch der Devaskularisation ausgesetzt sind, abgeschwächt werden kann, indem Ratten eine topische Antibiotikalösung (Ciprofloxacin, Metronidazol und Neomycin) per Einlauf erhalten. Dies könnte eine Erklärung dafür sein, weshalb Darmbakterien durch topische Antibiotika von der Oberfläche der Darmschleimhaut entfernt werden. Diese oder die pharmakologische Suppression der intestinalen MMP9-Aktivierung verhinderte die Anastomoseninsuffizienz bei Ratten [29]. Die Hoffnung für die Zukunft ruht nun auf der Entwicklung von Anti-Virulenz-Faktoren wie etwa Nicht-mikrobizide Anti-Virulenz-Medikamente zur Bekämpfung pathogener Mikroorganismen
Nicht-mikrobizide Arzneimittel zur Schaffung von Umgebungsbedingungen, welche die Virulenz pathogener Mikroorganismen unterdrücken, sind eine attraktive Strategie um die negativen Folgen einer Störung des intestinalen Mikrobioms durch eine Antibiotikatherapie zu umgehen [14, 28, 29, 32, 33].
Nachgewiesen wurde bereits, dass die Phosphatkonzentration im Lumen des Intestinaltraktes nach chirurgischem Trauma deutlich vermindert ist und dass dies ein wichtiges Signal für die Aktivierung der bakteriziden Virulenz darstellt. Weiterhin ist bekannt, dass die Erhaltung ausreichender intraluminaler Phosphatmengen im Darm die Virulenz-Expression unterbindet [12, 14, 32, 33]. Da anorganisches Phosphat im Dünndarm jedoch rasch resorbiert wird, ist es als Medikament ungeeignet – weil es nicht den Ort erreicht, an dem die Interaktion zwischen pathogenem Mikroorganismus und Wirt stattfindet [32]. Es müssen deshalb andere Wege gefunden werden. Eine neuartige Trägersubstanz unter Verwendung von Polyphosphat-beladenen Polyethylenglykol-Hydrogel-Nanopartikeln wurde kürzlich beschrieben. Diese Technologie ermöglicht eine verzögerte Freisetzung von Polyphosphaten, die somit zur Unterdrückung letaler pathogener Phänotypen im gesamten Gastrointestinaltrakt genutzt werden könnte [32]. Schließlich war Polyethylenglykol-gebundenes Phosphat in der Lage, einen destruktiven P.-aeruginosa-Phänotyp primär zu verhindern, bzw. dessen Mutation umzukehren. In beiden Fällen gelang es, Anastomoseninsuffizienzen im Tiermodell zu verhindern [14].
Möglicherweise werden diese oder ähnliche nicht-mikrobizide Medikamente in Zukunft ihre klinische Wirksamkeit zeigen und Anastomoseninsuffizienzen verhindern können.
Phosphaten, die eine antibiotikafreie, für das Mikrobiom unschädliche, Prophylaxe von Nahtinsuffizienzen ermöglichen könnten [12, 14, 33, 34].
Basierend auf den Ergebnissen unserer Tierversuche [20] initiierten wir vor 25 Jahren die erste klinische Studie zur Untersuchung der präventiven Wirkung topischer Antibiotika (Dekontamination) auf die Rate der Anastomoseninsuffizienzen am Magen-Darmtrakt [22]. Um die Wirksamkeit und Sicherheit der topischen Dekontamination möglichst objektiv zu ermitteln, wurde die Studie als prospektive, doppelblind-randomisierte und Plazebo-kontrollierte klinische Multizenterstudie (randomized controlled multicenter trial – RCMCT) bei Patienten mit totaler Gastrektomie wegen Magenkarzinom durchgeführt. Eine „Intention-to-treat-Analyse“ der Ergebnisse wurde vorgenommen. Die Nahtinsuffizienzrate wurde unter Dekontamination um den Faktor 3,6 signifikant reduziert und die Behandlungskosten um 20 Prozent gesenkt [23]. Das gleiche Studiendesign (randomized controlled trial – RCT) wurde in Rahmen einer Single-Center-Studie bei Patienten mit tiefer anteriorer Rektumresektion wegen Rektumkarzinom angewendet. Bereits bei der ersten Zwischenauswertung war die Nahtinsuffizienzrate unter Dekontamination um den Faktor 4 signifikant reduziert, so dass die Studie aus ethischen Gründen gestoppt werden musste [24]. In dieser Studie wurden die Behandlungskosten durch die Dekonta-
Tabelle 2. Klinische Studien zum Einfluss einer perioperativen systemischen Antibiotikaprophylaxe plus einer präoperativ begonnenen und postoperativ fortgesetzten topischen Antibiotikaprophylaxe auf die Rate der Anastomoseninsuffizienzen
In den Niederlanden wurden sieben weitere Plazebo-kontrollierte RCT durchgeführt und im Rahmen eine Metaanalyse untersucht [18]. In diesen Studien wurden Patienten mit Eingriffen entweder am oberen oder am unteren Gastrointestinaltrakt [18], in einer Studie auch gemischte Kollektive [17] eingeschlossen. Ferner wurde ebenfalls in den Niederlanden eine retrospektive Studie an Patienten mit Kolonresektionen abgeschlossen [16]. Die Nahtinsuffizienzrate wurde in diesen Studien unter Selektiver Darm-Dekontamination (SDD) um den Faktor 2 gegenüber den Plazebo- bzw. Kontrollgruppen signifikant reduziert [16–18] (W Tabelle 2). SDD ist ein Konzept aus den Niederlanden, das ursprünglich zur Präventionen von Lungen-entzündungen bei Intensivpatienten entwickelt wurde [31]. Das Konzept besteht aus der Medikamentenkombination Polymyxin B (100 mg), Tobramycin (80 mg) und Amphotericin B (500 mg) viermal täglich oral. Dies soll die Kolonisationsresistenz der endogenen Flora nicht beeinträchtigen d.h. das Mikrobiom möglichst wenig schädigen. Das klassische SDD-Regime wird mit einer perioperativen intravenösen Gabe Cefotaxim 2 × 2 Gramm kombiniert. SDD wurde in den niederländischen Studien viermal pro Tag von 48 Stunden vor der Operation bis mindestens zum dritten postoperative Tag – bei Nachbehandlung auf der Intensivstation auch deutlich länger – gegeben [16–18].
Die Evidenz hinsichtlich der Wirksamkeit topischer Antibiotika zur Prävention von Nahtinsuffizienzen am Intestinaltrakt ist mit neun randomisiert-kontrollierten Studien hoch. In allen Studien ergab sich eine signifikante Reduktion der Gesamtinfektionsrate und der Anastomoseninsuffizienzrate. Interessanterweise zeigte sich in den eigenen Studien eine Verringerung der Insuffizienzrate um den Faktor 4, während in den SDD-Studien eine Reduktion um den Faktor 2 beobachtet wurde. Dieser Unterschied könnte auf der verwendeten Medikamentenkombination oder zwei weiteren methodischen Unterschieden beruhen, auf die noch eingegangen wird. In jedem Fall sollte dieser Unterschied zukünftig in prospektiven RCT untersucht werden.
In Rahmen der eigenen RCT erhielten die Patienten entweder Plazebo oder eine Dekontamination [22, 24]; diese beinhaltete dieselben Substanzen wie das niederländischen SDDRegime, allerdings erweitert um Vancomycin (125 mg). Diese Substanz hat das Potential, die Wirksamkeit gegen grampositive Keime und E. faecalis zu erhöhen. Denn wir wissen heute, dass E. faecalis Anastomoseninsuffizienzen verursachen kann [29]. Die Dekontamination wird vom Tag vor der OP bis zum siebten postoperativen Tag verabreicht. Ein weiterer relevanter Unterschied zum SDD-Konzept ist, dass alle Patienten vor kolorektalen Resektionen mit einer präoperativen Darmspülung vorbereitet werden. Denn neben dem breiten Spektrum der dekontaminierenden Wirkstoffe scheint auch die mechanische Darmspülung in der kolorektalen Chirurgie eine Rolle bei der Prävention von Infektionen zu spielen. Diese allein kann zwar die Gesamtkomplikationsrate und die infektiösen Komplikationen nach anteriorer Resektion wegen Rektumkarzinom signifikant senken – ohne topische Antibiotika jedoch nicht die Rate der Anastomoseninsuffizienzen, wie eine andere Studie zeigte [2]. Stuhl inaktiviert die topischen Antibiotika, so dass diese erst im Anschluss an die mechanische Darmspülung verabreicht werden sollten.
Ein dritter wesentlicher Faktor für die Wirksamkeit ist die Methode der Verabreichung der Dekontamination: Es ist grundsätzlich erforderlich, dass die topischen Antibiotika Kontakt zur Anastomose bekommen. Bei Anastomosen zum Ösophagus werden die topischen Antibiotika in 20 Milliliter Ampuwa oder Wasser aufgelöst und vom Patienten getrunken (W Abb. 1). So werden potentiell schädliche Mikroorganismen vom Mund bis hin zur Anastomose eliminiert. Die Antibiotika dürfen nicht via Magensonde verabreicht werden, weil dadurch ein Kontakt zwischen den Medikamenten und der Anastomose verhindert wird. Praktisch läuft das folgendermaßen ab: Die Medikamente – also Polymyxin B, Tobramycin und Vancomycin ++ist korrekt !– werden in Kapseln verpackt von der Apotheke geliefert. Diese werden geöffnet und die Antibiotikamischung wird in die Flüssigkeit gegeben, die dann vom Patienten getrunken wird. Eine halbe Stunde nach Antibiotikagabe trinken die Patienten dann fünf Milliliter Amphotericin B (Amphomoronal® Dermapharm AG, München), das als Lösung eingekauft wird.
Bei Patienten mit Sigma-Rektumresektionen werden die Kapseln in der entsprechenden Dosierung im Anschluss an die Darmspülung ungeöffnet geschluckt. Im Dünndarm lösen sich die Gelatinekapsel dann auf, die Antibiotika werden freigesetzt und erreichen so den Dickdarm. Wird kein Stoma angelegt, werden die Medikamente weiterhin viermal täglich in der Gelatinekapsel geschluckt. Wird intraoperativ ein protektives Stoma angelegt, wird im Anschluss an die Anastomosierung und Dichtigkeitsprüfung ein ungeblockter Dauerkatheter (DK) transanal fünf Zentimeter über die Anastomose hinweg in oraler Richtung geschoben und an der perianalen Haut mit einer Naht fixiert (W Abb. 2). Die Antibiotika werden anschließend viermal täglich in aufgelöster Form und über den DK verabreicht, der anschließend abgeklemmt wird. 30 Minuten später wird das Amphotericin B über den DK verabreicht, der anschließend wieder abgeklemmt wird. 60 Minuten später wird der Dauerkatheter geöffnet. Am siebten postoperativen Tag wird der DK entfernt. Die Dekontamination ist bei Hochrisikoanastomosen an Rektum und Ösophagus äußerst effektiv zur Prävention von Nahtinsuffizienzen. Auch nach 25 Jahren Dekontamination bzw. 30 Jahren SDD und wurden keine medikamentenbedingten Komplikationen in der eigenen oder den anwendenden Kliniken beobachtet
[18].
Vor allem in der kolorektalen Chirurgie wird die präoperative Darmspülung in Verbindung mit den verschiedensten Kombinationen oraler und/oder systemischer Antibiotikaprophylaxe eingesetzt. Natürlich sind Kolon- oder ileokolische Anastomosen lediglich mit einem geringen Insuffizienzrisiko behaftet; zudem waren viele Studien in der Vergangenheit nicht mit einer ausreichenden Fallzahl geplant um eine Verbesserung der Ergebnisse von zwei oder drei Prozent durch bestimmte Maßnahmen zu belegen. Im Augenblick stehen allerdings sehr aktuelle Ergebnisse einer Vielzahl relevanter Studien und Metaanalysen zur Verfügung [1,10,19]. Diese Datenlage ist relativ eindeutig und beendet damit die seit 50 Jahren anhaltende Debatte über die Wirksamkeit der präoperativen Darmspülung zur Verbesserung der Ergebnisse in der kolorektalen Chirurgie [6, 7, 9, 10]. Zum einen wird mit einer qualitativ hochwertige Metaanalyse belegt, dass die orale plus intravenöse Verabreichung von Antibiotika mit Wirksamkeit gegenüber den häufigsten aeroben und anaeroben Mikroorganismen das Risiko chirurgischer Wundinfektionen um bis zu 75 Prozent reduzieren kann [13]. Zum anderen zeigen aktuelle Daten, dass die präoperative Darmspülung in Kombination mit einer oralen Antibiotikaprophylaxe die häufigsten und problematischsten Komplikationen nach kolorektalen Operationen – nämlich postoperative Infektionen, Anastomoseninsuffizienzen und Ileus – um beinahe die Hälfte reduziert [1, 3, 10, 19] (W Tabelle 3). Diese Ergebnisse verleihen dem Konzept der Prävention von Anastomoseninsuffizienzen durch die Verabreichung topischer Antibiotika noch einmal mehr Gewicht. Bei Patienten mit Koloresektionen erfolgt in der Klinik des Autors die Vorbereitung in gleicher Weise wie für Sigma-Rektumresektionen. Die Dekontamination wird allerdings postoperativ nicht fortgesetzt um bei diesen Eingriffen mit gerinerem Risiko den Antibiotika Verbrauch zu reduzieren.
Tabelle 3 Einfluss verschiedener Methoden der präoperativen Darmvorbereitung auf die Rate der Anstomoseninsuffzienzen in der elektiven Darmdekontamination
Abkürzungen: keine DV: keine Darmvorbereitung, DS: Darmspülung, OADV: orale topische Antibiotika zur Darmvorbereitung, DS+OADV: Darmspülung plus orale topische Antibiotika zur Darmvorbereitung, AI: Anastomoseninsuffizienz